Modulares Spektrometer mit Femtosekundenauflösung für weiche Röntgenstrahlung

Projektträger:

Kofinanzierung:

Investitionsbank Berlin
IBB
Europäischer Fonds für regionale Entwicklung
EFRE

Projektpartner

NOB Nano Optics Berlin GmbH Max-Born-Institut
für Nichtlineare Optik und
Kurzzeitspektroskopie im Forschungsverbund Berlin e. V.
PREVAC
Präzisionsmechanik
und Vakuum GmbH
Institut
für angewandte Photonik e.V.

Laufzeit:

Start : 01.01.2020
Ende: 31.12.2022

Ziel

Das Gesamtziel des vorliegenden Projektes ist es, ein modulares Röntgen-Spektrometersystem nach einem innovativen optischen Design im Rahmen der industriellen Forschung zu konstruieren, als Demonstrationsmuster aufzubauen und in Anwendungsexperimenten zu testen. Dazu sollen hocheffektive Röntgenoptiken auf gekrümmten Substraten entwickelt und hergestellt werden, die mit speziell entwickelten Methoden der Laserlithographie hergestellt werden. Diese Optiken sind funktionsbestimmende Baugruppen für Monochromatoren und Spektrometer, die mit verschiedenen Laborquellen für gepulste weiche Röntgenstrahlung betrieben werden können. Lasergetriebene Labor-Röntgenquellen liefern ultrakurze Röntgenimpulse im Nano- bis Attosekundenbereich und ermöglichen damit dynamische Untersuchungen an Molekülen, Clustern, elektronischen Ordnungsphänomenen in funktionalen Materialien und deren nanoskopischen Strukturen oder biomolekularen Funktionseinheiten. Vorarbeiten dazu wurden bereits beim Verbundpartner MBI durchgeführt. Diese betreffen z.B. die Auflösung von ultraschnellen kohärenten Phononen-Bewegungen in Festkörpern und Untersuchungen zur elektronischen Strukturdynamik der Elementarschritte des Protonentransports in wässriger Umgebung.

Leistungsmerkmale

  – Modularer Aufbau, „Table-top“
– Energiebereich 50 eV – 1500 eV
– Energieauflösungsvermögen (E/ΔE) ≈ 1000 – 2000
– Effizienz > 10 %
– Vakuum 10-5 – 10-8 mbar
– Reflexionszonenplatten auf gekrümmten Substraten

Einsatzgebiet

  – Charakterisierung von Laborröntgenquellen wie Strahlung aus höheren Harmonischen (HHG)
    und Strahlung aus laserproduzierten Plasmen (LPP)
– Hochauflösende Ultrakurzzeit Röntgenspektroskopie im Labor:
        NEXAFS
        XAS
        XES
        RIXS

Beschreibung

Für das Verständnis der Natur von physikalischen Vorgängen gewinnt die Erforschung und Charakterisierung von Materialien mit einer räumlichen Auflösung im Bereich weniger Pikometer (pm) und einer Zeitauflösung im Bereich von Femtosekunden (fs) und darunter wachsende Bedeutung. Röntgenstrahlung ist auf Grund der kleinen Wellenlänge als „Werkzeug“ zur Herstellung und Untersuchung von Nanostrukturen dabei unerlässlich. Dem wird u.a. mit der Bereitstellung der nächsten Generation von hochbrillanten Röntgenlichtquellen, wie Freien Elektronen Lasern (FEL) [1] oder Linearbeschleunigern mit Energierückgewinnung (ERL) [2], Rechnung getragen. Parallel entwickeln sich Laborröntgenquellen wie Hohe Harmonische (HHG) [3] oder lasergenerierte Plasmaquellen (LPP) [4] zunehmend als flexible, breit einsetzbare Ergänzungen zu diesen Großforschungsanlagen. Dies betrifft insbesondere die extrem kurze Pulsdauer im sub-fs Bereich, die bisher nur mit HHG Quellen realisiert werden kann [5].

Die Spektroskopie molekularer Systeme mit weicher Röntgenstrahlung hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Hoch brillante Synchrotron Strahlungsquellen wurden in der Röntgenabsorptions- (X-Ray Absorption = XAS) und Emissionsspektroskopie (X-Ray Emission = XES) sowie in Röntgenstreuexperimenten (Resonant Inelastic X-Ray Scattering = RIXS) zur Untersuchung einer Vielzahl von molekularen Interaktionen eingesetzt. Zu nennen wären z.B. die Untersuchung der strukturellen Dynamik von 3d-Metall-Ligandenkomplexen oder Waserstoffbrückenbindungen in Flüssigkeiten, speziell in Wasser [6, 7] mit Hilfe von Sauerstoff K-Kanten XAS, XES und RIXS. In jüngster Zeit spielen zeitaufgelöste XAS, XES und RIXS Experimente im Zusammenhang mit speziellen Kurzpuls-Aufbauten an Synchrotrons und FELs eine große Rolle. Seit wenigen Jahren sind experimentelle “table-top” HHG-Aufbauten verfügbar, die auch im Labor weiche Röntgenstrahlung im so genannten Wasserfenster (Photonenenergiebereich 285 bis 540 eV) zur Verfügung stellen, um zum Beispiel XAS-Untersuchungen an der Kohlenstoff K-Kante von organischen Molekülen durchführen zu können [8, 9]. Es gibt erste Versuche für diese Quellen den Bereich der Stickstoff und Sauerstoff K-Kanten verfügbar zu machen [10, 11].

Die Eigenschaften vieler Materialien werden entscheidend durch ihre Struktur auf der Nanometerskala bestimmt. Eine genaue Kenntnis der Struktur und ihr Zusammenhang mit den Materialeigenschaften sind deshalb von grundlegender Bedeutung, um die Funktionalität der Materialien zu verstehen und gezielt zu beeinflussen. Die Untersuchung dieser Materialien mit Hilfe von ultra-kurzen Pulsen im weichen Röntgenbereich bietet z.B. die Möglichkeit, die Magnetisierungsdynamik mit fs-Zeitauflösung zu verfolgen und sogar auf der Nanometerskala abzubilden [12]. Die Wellenlänge der Strahlung muss dafür auf bestimmte Absorptionskanten der verwendeten Materialien eingestellt werden, was einen gezielten Zugriff auf die Magnetisierung der einzelnen elementaren Bestandteile erlaubt. Für optisch induzierte magnetische Umschaltvorgänge sind insbesondere einige seltenen Erden (Gd, Tb, Dy) von Interesse, die einen starken magnetischen Kontrast an ihren N5-Kanten im Bereich um 150 eV zeigen. Zur räumlichen Abbildung können insbesondere holografische Methoden eingesetzt werden, die direkt von den guten Kohärenzeigenschaften der HHG-Strahlung oder FEL-Strahlung profitieren und – im Gegensatz zu linsenbasierten Verfahren – eine einfache Realisierung der optischen Anregung erlauben [13-15].

Der Vorteil von lasergeriebenen Kurzpulsröntgenquellen für orts- und zeitaufgelöste Strukturuntersuchungen ergibt sich aus der Tatsache, dass der gepulste Treiberlaser sowohl zur Anregung des zu untersuchenden Systems als auch zur „Erzeugung“ der Röntgenstrahlung verwendet werden kann. So können relativ einfach „Pump-Probe“ – Experimente realisiert und das sogenannte „Jitter“-Problem der Synchronisierung von Röntgen- und optischen Pulsen auf der fs-Zeitskala vermieden werden. Andererseits emittieren Laborquellen einen mehrere Größenordnungen geringeren Röntgenphotonenfluss als Synchrotron- oder FEL–Quellen. Daher ist es für praktische Anwendungen von Kurzpuls-Laborröntgenquellenquellen erforderlich, eine neuartige Geräteausstattung mit einer im Vergleich zu bisher bekannten Lösungen deutlich höheren Effizienz der optischen Elemente zu entwickeln.

1.           Seddon, E.A., et al., Short-wavelength free-electron laser sources and science: a review. Reports on Progress in Physics, 2017. 80(11): p. 115901.

2.            Akemoto, M., et al., Construction and commissioning of the compact energy-recovery linac at KEK. Nuclear Instruments & Methods in Physics Research Section a-Accelerators Spectrometers Detectors and Associated Equipment, 2018. 877: p. 197-219.

3.            Teichmann, S.M., et al., 0.5-keV Soft X-ray attosecond continua. Nature Communications, 2016. 7.

4.            Mantouvalou, I., et al., High average power, highly brilliant laser-produced plasma source for soft X-ray spectroscopy. Review of Scientific Instruments, 2015. 86(3): p. 035116.

5.            Li, J., et al., 53-attosecond X-ray pulses reach the carbon K-edge. Nature Communications, 2017. 8.

6.            Wernet, P., et al., The structure of the first coordination shell in liquid water. Science, 2004. 304(5673): p. 995-999.

7.            Nilsson, A., et al., X-ray absorption spectroscopy and X-ray Raman scattering of water and ice; an experimental view. Journal of Electron Spectroscopy and Related Phenomena, 2010. 177(2-3): p. 99-129.

8.            Pertot, Y., et al., Time-resolved x-ray absorption spectroscopy with a water window high-harmonic source. Science, 2017.

9.            Attar, A.R., et al., Femtosecond x-ray spectroscopy of an electrocyclic ring-opening reaction. Science, 2017. 356(6333): p. 54-59.

10.          Kleine, C., et al., Soft X-ray Absorption Spectroscopy of Aqueous Solutions Using a Table-Top Femtosecond Soft X-ray Source. The Journal of Physical Chemistry Letters, 2019. 10(1): p. 52-58.

11.          Gregory, J.S., et al., Water-window soft x-ray high-harmonic generation up to the nitrogen K-edge driven by a kHz, 2.1 μm OPCPA source. Journal of Physics B: Atomic, Molecular and Optical Physics, 2016. 49(15): p. 155601.

12.          Hennecke, M., et al., Angular Momentum Flow During Ultrafast Demagnetization of a Ferrimagnet. Physical Review Letters, 2019. 122(15).

13.          Caretta, L., et al., Fast current-driven domain walls and small skyrmions in a compensated ferrimagnet. Nature Nanotechnology, 2018. 13(12): p. 1154-+.

14.          Wang, T.H., et al., Femtosecond Single-Shot Imaging of Nanoscale Ferromagnetic Order in Co/Pd Multilayers Using Resonant X-Ray Holography. Physical Review Letters, 2012. 108(26): p. 6.

15.          Schaffert, S., et al., High-resolution magnetic-domain imaging by Fourier transform holography at 21 nm wavelength. New Journal of Physics, 2013. 15: p. 10.